Hans Freitag
ein wahrhaft fränkischer Dichter













Ausgewählte Werke





SEIN LEBEN


1920 * 
1940   
1946   
1952   
       
       
       
1983   
1991 † 

Dingolshausen
Kriegsteilnehmer als Gebirgsjäger
Volksschullehrer in/um Gerolzhofen
Heirat, Ehefrau Walli Freitag
4 Kinder(2025:mehrere Enkel, Urenkelin)
mehrere Ehrenämter, u.a. langjähriger Leiter
der Stadtbücherei Gerolzhofen
Ruhestand
Gerolzhofen





SEIN WERK



Hans Freitag war ein fränkischer Heimat­dichter, der Geschichten und Gedichte aus seiner fränkischen Heimat verfasste. Das meiste davon wurde in der Mundart seiner unter­fränkischen Heimat geschrieben. Er konnte erst im Ruhe­stand, ohne den Stress des Lehrer­berufs, sich dem Verfassen seiner Mundart­werke widmen. In diesen wenigen Jahren entstand eine beacht­liche Fülle von Prosa­stücken und Gedichten. Das wäre ohne die tat­kräftige Schreib­arbeit und Unter­stützung seiner Ehefrau Walli, an Schreib­maschine und Computer, nicht möglich gewesen. Es entstanden die umfang­reichen Sammel­werke Harre-door ("Her-Hin") und Hausgemachts sowie das roman­artige Sallemals ("Damals"), das das Leben einer bäuer­lichen Familie im Jahres­lauf beschreibt.


Hans Freitag am Schreibtisch

Hans Freitag konnte die Veröffent­lichung seiner Werke nur noch teilweise erleben, ein Teil wurde von seiner Familie erst nach seinem Tod heraus­gegeben. Post­hum wurde Hans Freitag in seinem Heimat­ort Dingolshausen durch die Benen­nung einer Straße geehrt, es ist die Hans-Freitag-Straße.

Eine kleine, beispiel­hafte Auswahl seiner Werke wird hier auf dieser Internet­seite zusammen­gestellt.



HANS FREITAG - SEINE THEMEN



Mundart wird in der Kulturszene gerne als rück­ständig und komisch belächelt. Im Fern­sehen hört man Dialekt meist nur bei Come­dians oder im Karne­val/Fa­sching. Volks­theater mit Dialekt ist meist auf Schwank und derbe Komödien be­schränkt.

Anders im Werk von Hans Freitag. Da hat zwar das Heitere auch seinen Platz, über­wiegend herrscht jedoch ein ernst­hafter, nachdenk­licher, besinn­licher Grundton. Hans Freitag wagte sich auch an schwierige Themen wie Krankheit und Schick­sals­schläge. Im ausdruck­starken Gedicht "Schlaganfall" versteht er es meister­lich, mit wenigen Worten die Gefühle eines Schlagan­fall­patienten so nachzu­vollziehen, dass es „unter die Haut“ geht. Hans Freitag hatte ein breites Spektrum von Themen und Gefühl­slagen. Vor allem bei den Ge­dichten kommt auch das Roman­tische, ja Träume­rische zum Ausdruck.

Viele seiner Erzählungen, besonders im Band "Sallemaals", kreisen um das sehr boden­ständige, von der Landwirt­schaft geprägte länd­liche Leben im Jahres­lauf, wie es einmal - vor 100 Jahren – war, es sind viele Erinne­rungen aus Kindheit und Jugend. Das landwirt­schaftliche, bäuerliche und dörfliche Milieu unter­scheidet Hans Freitags Werke von dem wesens­verwandten, Kitzinger Mundart­dichter Engelbert Bach (†1997), der im klein­städti­schen Umfeld zuhause war. Besonders mit den detail­lierten Schilde­rungen in "Sallemals" sind Hans Freitags Werke nicht nur ein Dokument der frän­kischen Mundart, sondern auch ein zeitge­schicht­liches Dokument des Land­lebens.


Und sei das Dorf noch so klein, in Hans Freitags Heimat gehört die Kirche dazu
Die Kirche spielt in seinen Erinne­rungen eine wichtige Rolle, wie es auch damals so war. Bereits als Kind prägend in klöster­licher Umgebung (Schule St.Lud­wig/Mün­ster­schwar­zach), hatte Hans Freitag zeit­lebens eine durch­gehend posi­tive Ein­stellung zur (katho­lischen) Kirche, ihren Formen und Tradi­tionen. Die große Politik spielte demge­genüber in der sehr länd­lichen, fast abgeschie­denen Umgebung seines Heimat­orts keine große Rolle, in Hans Freitags Werk kommt sie nirgends vor. Die kirch­liche Prägung des Lebens damals kann man sich heute kaum noch vorstellen. So war z.B. in Hans Freitags Geburtsort der Namenstag des St. Laurentius (Lorenz), dem die Dorfkirche geweiht ist, ein rich­tiger Feiertag. Der sonn­täg­liche Kirch­gang war abso­lute Pflicht. Wer am Sonn­tag arbei­tete, selbst wenn es um das Ein­bringen der Ernte vor drohen­dem Regen ging, musste mit dem Unmut des Pfarrer und der Gemeinde rechnen.

Die neuere Zeit, besonders ab 1970 bis 1990, spielt in Hans Freitags Werk thema­tisch keine große Rolle. Die wenigen Ge­schichten und Gedichte zur „Jetzt­zeit“ setzen sich stets kri­tisch mit Konsum­orientie­rung, Ober­fläch­lich­keit, Unrast, Entwur­zelung, Entfrem­dung, Werte­verlust, mit Unruhe und Natur­zer­störung modernen Lebens aus­einander. Was für eine beschau­liche Tätig­keit war doch einst das Zu­sammen­rechen des Herbst­laubs, wo heute der stin­kende Laub­bläser lärmt!





FRÄNKISCHE MUNDART-DER KLANG



Hans Freitag lebte über­wiegend im engeren Umland der kleinen (dama­ligen) Kreis­stadt Gerolz­ho­fen/Unter­franken, ein sehr frän­kisch gepräg­ter Land­strich - man muss schon über 100 km fahren, um eine andere Mundart als Frän­kisch zu hören; im Steiger­wald wurde der Gerolz­höfer Gau früher sogar schlicht "Franken" genannt - und so ist das Gerolz­höfer Stadt­wappen nichts anderes als der rotweiße Fränkische Rechen. Hans Freitags Werke sind – neben wenigen hoch­deut­schen Teilen - ganz über­wiegend in der unter­fränki­schen Mundart der Region verfasst. Dieser Dialekt, von der Sprach­wissen­schaft als „ost­fränkisch“ bezeich­net, gehört zu den ober­deutschen Mundarten. Für das über­regio­nale Projekt "Ostfrän­kisches Wörter­buch" trug Hans Freitag viel bei.

Wie bei allen fränki­schen Mundarten fällt besonders die weiche Aussprache der harten Konso­nanten auf (Plastik­tüte als „Blasdig­düde“), was dem gesproc­henen Dialekt einen weichen Klang verleiht. Anderes charak­teristi­sches Merkmal ist die Aus­sprache des „A“, das im unter­fränkischen meist zwischen dem Hoch­deutschen „A“ und „O“ liegt.

Auch das kräftig rollende „R“ ist typisch; der Franke hat – im Unter­schied zu den meisten deutschen Landsleuten – mit diesem Buch­staben daher kein Problem beim Erlernen des Spani­schen oder Ara­bischen. Auch wenn heute der unver­fälschte Dialekt, wie er vor hundert Jahren noch gang und gäbe war, überw­iegend einem Regio­lekt (Hoch­deutsch mit regio­nalen Eigenheiten) Platz gemacht hat, ist doch die Klang­färbung noch deut­lich ver­schieden vom Hochdeutschen.Im Hoch­deutschen kurz und scharf ausgespro­chenen Vokale werden im unter­fränkischen oft gedehnt, z.B. Mett(-wurst) gedehnt als Meeet, "satt" als "soot", "mit" als "miet". Ein schönes Beispiel ist auch Hans Freitags Familien­name, der etwa "Frei­dooch" lautet – im Unter­schied nicht nur zum Hoch­deutschen, sondern auch zum scharfen ober­baye­rischen "Frei­tack".
Wie überall in Franken liebt man sehr die Ver­kleine­rungen mit "-lein", hier „-la“ und im Plural „-li“, so heißt das Brötchen „Weckla“, die Brötchen „Weckli“.

Nicht nur das Verkleinern, auch das Verkürzen mag der Franke, "a" für auch, "e" für "ein(e)", "i" für "ich" und sogar "ü" für "übrig", manchmal werden auch im Hochdeutschen lange Vokale im Frän­kischen kurz, z.B. "wieder" wird zu "widder","Vater" zu "Vatter", "kaufen" zu "käff". Eigen­tümlich ist auch, besonders bei den Orts­namen, dass die Betonung oft vom Hoc­hdeutschen und Alt­bayeri­schen abweicht: Im Fränki­schen heißt es bspw. Gerolzhofen, Dingolshausen, Wiesentheid ("Wisdhääd"), Geiselwind, also mit Betonung hinten, anders als normaler­weise im Hoch­deutschen - und auch anders als in den Verkehrs­durch­sagen des unver­kennbar ober­baye­risch dominier­ten Bayeri­schen Rund­funks("Stau zwischen Wiesentheid und Geiselwind").
"Mit mir it s nit weit har", sagte Hans Freitag gerne. Ja, er ver­brachte fast sein ganzes Leben im Umkreis der ländli­chen Klein­stadt Gerolz­hofen, wo sich die frän­kische Mund­art noch gut gehal­ten hat.
Auch bei der Grammatik hat das Fränkische einige Besonder­heiten oder Vor­lieben: Bei Vergan­genem nutzt der Franke das Perfekt: "es hat gaam" ("es hat gegeben"); das Imper­fekt "es gab" vermei­det der Franke, selbst wenn er Hoch­deutsch spricht. Wenn Hans Freitag - wie meistens - Vergan­genes be­schreibt, sucht man daher das Im­perfekt - das man im Hoch­deut­schen hier­für bevor­zugt - verge­bens. Auch das Wört­chen "tun" wird in der gespro­chenen Mundart, und daher auch in Hans Freitags Werken, gerne zusätz­lich zu allen Tätig­keiten ergänzt: Statt "er arbei­tet gerade" sagt man lieber "er tut grad ar­bei­ten (schaffen)". Das erleichtert vor allem auch die Mögl­ich­keits­form, den Kon­junktiv, der dann ganz ein­fach mit "tät" ("däd") gebil­det wird: "wenn er net krank wär, tät er schaffen".


FRÄNKISCHE MUNDART-DIE SCHRIFT



Mundart ist, wie der Name schon sagt, eine gespro­chene Sprache. Das heißt aber nicht, dass man sie nicht auch schrift­lich wieder­geben kann. Die phone­tische Schrift, z.B. "fränkisch"= , die das Gespro­chene eigent­lich am besten abbil­det, kennt zwar so mancher aus Wörter­büchern, ist aber für ein litera­risches Werk unge­eignet. Da die Schreib­weise des Deut­schen der gespro­chenen Sprache sehr nahe kommt, ist aber auch bei deut­schen Mund­arten eine schrift­liche Wieder­gabe mit den mundart­lichen Abwand­lungen gut mög­lich. Ein Problem bei schrift­licher Wieder­gabe der Mundart ist aber, dass keine einheitlichen Vor­gaben vorhanden sind. Hans Freitags Texte ver­suchen die Laute der fränki­schen Aus­sprache nachzu­bilden, anders ginge es nicht, wenn man nicht gleich Hoch­deutsch ver­wendet. Hinzu kommt, dass manche, noch vor 50 Jahren be­kannte Be­griffe heute nicht mehr ver­standen werden. Daher wird in den nach­folgend bei­spiel­haft auf­geführ­ten Werken eine zwei­spaltige Dar­stel­lung verw­endet, links Ori­ginal in Mundart, daneben (oder darunter) darunter (oder daneben) hoch­deutsch und ggf. Erläute­rung. Die hoch­deutsche Dar­stellung dient nur zur Erklärung, ist wei­test­gehend wort­getreu und nicht dich­terisch gestal­tet; das Hoch­deutsche soll nicht vom eigent­lichen, mundart­lichen Werk ablen­ken und ver­wendet daher klein­ere oder blas­sere Schrift - bei Bedarf bitte "zoomen".









Mei Stächerwald



I mooch die hocha Barch ja scho
miet steila Zackn und Höehn,
kann mi ao sa, trotz Urlaabsfräd,
sou richti niet gewöehn.

Viel liewer ower,
mähr förs Harz,
it doch mei Stächerwald,
miet grüena Barchzüch, lang gezouchn,
in seiner Baamvielfalt.

Zu jeder Zeit ziecht s mi zu m na,
wenn aufwecht nöies Laam,
und s junga, halla, frischa Grüa
ausschläicht ao alla Bamm.



Im Summer häß die Sunn robrönnt,
halt i mi garn bei m auf.
Da läfft si s leicht und rueht si s guet
ao seiner Bachli Lauf.

Wenn Malermäster Harwest kummt,
werd föiri bunt sei Kläd:
dös Roet, dös Gälb, dös Dunklbraun,
a richtia Aachewäd!



Im Winter örscht, bei Eis und Frost,
wenn Schnäa liecht auf der Bamm,
da läffst da in die Stilla nei,
du meenst, du bist im Traam.

Sei Höehn, die hömm mer s ao getan,
der Zablstee vorndra,
ao n Friedrichsbarch, ao s Murlesnaast,
aon Schwanbarch denk i da.

Dörch stilla Taaler wannerst garn,
genießt Waldeesamkeit.
Ziecht Ruah und Friedn in der ei
dei Harz und Sinn wern weit.



Die Dörfli, neigeduckt in n Wald,
die Zeit it dra verbei,
die sen a Stückla vo na worn:
a still Eesiedelei.

A edler Kranz der besta Sörtn
vo Wei wechst ao sei Heng.
Da töest da garn, bist unnerwaachs,
gezielt dein Gang na lenk.

Da geit s en Wei, dös mueßt der mark,
för Löit, die woos verstäehn;
it ardi, fruchti, voller Ghalt,
leßt alla Sorch vergäehn.

I mooch na garn, mein Stächerwald,
miet Walder, Wiesn, Wei;
und wenn i ner a bißla kann,
mach i mi för na frei.

Hörbeispiel "Mei Stächerwald"


Mein Steigerwald


Ich mag die hohen Berge ja schon
mit steilen Zacken und Höhen,
kann mich an sie, trotz Urlaubsfreude,
so richtig nicht gewöhnen.



Viel lieber aber,mehr fürs Herz,
ist doch mein Steigerwald,
mit grünen Bergzügen, langgezogen,
in seiner Baumvielfalt.



Zu jeder Zeit zieht's mich zu ihm hin,
wenn aufwacht neues Leben,
und das junge, helle, frische Grün
ausschlägt an alle Bamm.



Im Sommer (wenn) heiß die Sonne runterbrennt,
halt ich mich gern bei ihm auf.
Da läuft sich's leicht und ruht sich gut,
an seiner Bächlein Lauf.



Wenn Malermeister Herbst kommt,
wird feurig bunt sein Kleid,
dies Rot, dies Gelb, dies Dunkelbraun,
eine richtige Augenweide!



Im Winter erst, bei Eis und Frost,
wenn Schnee liegt auf den Bäumen,
da läufts du dort in die Stille hinein,
du meinst, du bist im Traum.



Seine Höhen, die haben mir's angetan,
der Zabelstein vorne dran,
an den Friedrichsberg, ans Murrleinsnest
an den Schwanberg denk ich da.



Durch stille Täler wanderst du gern,
genießt Waldeinsamkeit,
Zieht Ruhe und Frieden in dir ein,
dein Herz und Sinne werden weit.



Die Dörflein, hineingeduckt in den Wald,
die Zeit ist dran vorbei,
die sind ein Stücklein von ihm geworden,
eine stille Einsiedelei.



Ein edler Kranz der besten Sorte
von Wein wächst an seinen Hängen,
da tust du gern, bist unterwegs,
gezielt deinen Gang hinlenken.



Da gibt's einen Wein, das musst dir merken,
für Leute, die was verstehen,
ist erdig, fruchtig, voller gehalt,
lässt alle Sorgen vergehen.



Ich mag ihn gern, meinen Steigerwald,
mit Wäldern, Wiesen, Wein,
und wenn ich nur ein bisschen kann,
mach ich mich für ihn frei.









Naawl



I moochs im Naawl zu laffn
ümgaam vom milchetn Weiß.
Woos hinner mer, it verganga
woos vor mer, it farn und leis


Verschwumma sen alla Konturen
gspenstisch und frömm jeder Baam
Gebüsch und Ströicher stäen eesam
wie im verwunschena Traam


Füehl mi gepackt vo der Stilla,
vo Ruah und Beschaulikeit.
Bin ganz allee auf der Ardn
in kuehler Ümschlosseheit


Tast mi dörch Schleier und Föichting,
langsam, behuetsam mei Gang;
sucht alles en Waach nach inna.
hat en besunnerna Klang


Geruehsam im Naawl zu laffn
farnab vo Röim und vo Zeit
auf Waach weit farn und verlassen
geborchn in Eesamkeit.

Hörbeispiel "Nawwl"


Nebel

Ich mag’s im Nebel zu laufen,
umgeben vom milchigen Weiß
Was hinter mir, ist vergangen
was vor mir, ist fern und leis

Verschwommen sind alle Konturen
gespenstisch und fremd jeder Baum
Gebüsche und Sträucher stehen einsam
wie im verwunschenen Traum.

Fühl mich gepackt von der Stille,
von Ruhe und Beschaulichkeit,
bin ganz allein auf der Erden
in kühler Umschlossenheit

Taste mich durch Schleier und Feuchte
langsam, behutsam mein Gang
Sucht alles einen Weg nach innen
hat einen besonderen Klang

Geruhsam im Nebel zu laufen
fernab von Raum und Zeit
auf Wegen weit fern und verlassen
geborgen in Einsamkeit.





Langa Nacht




Langa Nacht - Gedankn laffn-
Alta Zeitn wachn auf;
töa mei Löit in Haus, Houf traffn
die scho gfahrn in Himml nauf.

Gäeh als Bua ao Muetters Hendn
füehl mi sicher ao ihrm Rouk:
trotz da alln Widerständn:
Genseri und Gäßlesbouk.

Auf em Woochn naawerm Vatter
fahr i garn auf s Fald weit naus:
hoo kee Angst vor Blitz und Watter,
wenn aar räid die Förcht mer aus

Töa miet meinra Gschwister streitn,
frä mi miet na, wenn si s geit:
höil miet na, wenn sa möess leidn
in der reicha Juchedzeit.

Mach mei Strächli miet Kamradn,
schent miet na, tö a miet na spiel:
treib miet na Robinsonadn
ohna Absicht, ohna Ziel.

Mach numaal dörch schlachta Zeitn:
Kriech und archa Armutei;
wu viel Noet war, groeß es Leidn,
kaamst war mer vo Ängstn frei.

Laff vergnücht dörch unnern Gartn,
hör bei Nacht der Lindn zua;
brauch drauf nix mähr lang zu wartn,
Heemet brengt mi sanft zur Ruah.


Hörbeispiel "Langa Nacht"


Lange Nacht

Lange Nacht - Gedanken laufen
Alte Zeiten wachen auf,
ich tu meine Leute in Haus, Hof treffen,
die schon gefahren in den Himmel hinauf.


Geh als Bub an Mutters Händen,
fühl mich sicher an ihrem Rock;
trotz da allen Widerständen,
Gänserich und Geißbock.


Auf dem Wagen, neben dem Vater,
fahr ich gern aufs Feld weit hinaus,
hab keine Angst vor Blitz und Watter,
wenn er mir die Furcht ausredet.


Töa mit meinen Geschwistern streiten,
freu mich mit ihnen, wenn's sich ergibt,
heule mit ihnen, wenn sie müssen leiden,
in der reichen Jugendzeit.


Mache meine Streichlein mit Kameraden,
schimpfe mit ihnen, tu mit ihnen spielen.
treib mit ihnen Robinsonaden,
ohne Absicht, ohne Ziel.


Mache nochmal durch schlechte Zeiten,
Krieg und arge Armut,
wo viel Not war, groß das Leiden,
kaum mal war man von Ängsten frei.


Laufe vergnügt durch unseren Garten,
höre bei Nacht der Linde zu,
brauche drauf nicht mehr lang zu warten,
Heimat bringt mich sanft zur Ruh.







Es Marterla






Farn vom Dörf, in stiller Flur,
wu zwä Faldwaach grood si traffn,
stäeht a Marterla allee,
vo em biedern Steemetz gschaffn.

Ner a willer Roesestouk
töet ümrank dös fromma Steemal:
alt, verwittert vo der Zeit.
Die Schrift dezu und Jahreszahl.

Vorn oom drauf im Bildaufsatz
hält die Muettergottes schmarzhaft
auf ihr Kniea ihrn liebn Suh,
vom Leidn müed, toedwund erschlafft.

Söll a Guettäter gstift hoo,
daar viel Lädn hat dörchstäeh möeß.
Vo ra hat die Hilf erbatt,
dankbar gedankt miet steenerm Grueß.

Sinned stäeh i da, betracht
dös Marterla im Ackerland.
Send en Grueß der Muetter nauf
und em Stifter ubekannt.


Hörbeispiel "Es Marterla"


Das Marterlein

Fern vom Dorf, in stiller Flur,
wo zwei Feldwege gerade sich treffen,
steht ein Marterlein allein,
von einem biederen Steinmetz geschaffen.


Nur ein wilder Rosenstock
tut umranken dieses fromme Steinmal,
alt, verwittert von der Zeit,
die Schrift dazu und Jahreszahl.


Vorn oben drauf im Bildaufsatz
hält die Muttergottes schmerzhaft
auf ihren Knien den lieben Sohn,
vom Leiden müde, todwund erschlafft.


Soll ein Guttäter gestiftet haben,
der viel Leiden hat durchstehen müssen.
Von ihr hat (er) die Hilfe erbeten,
dankbar gedankt mit steinernem Gruß.


Sinnend stehe ich da, betrachte
dieses Marterlein um Ackerland.
Sende einen Gruß der Mutter hinauf
und dem Stifter unbekannt.







Schloochaofall


Aar liecht vormir miet Schloochaofall,
daar sou lawendi war;
kann si niet mucks, kee Zächn gaa,
it scho ball achtzich Jahr.


Aar, daar sou viel geloffn it,
gewarklt hat garn gschafft,
kann si niet rühr,
sei fahla Händ sen nutzloes und erschlafft.



Aar mooch nix aß, niet maal woos trink:
ner nu die Infusion
geit na weng Flüssies und weng Kraft,
verlängert die Passion


I fräch mi, ob zu na nu dringt
die Walt, ihr Töen, ihr Fräd.
Ob aar weit wach wu annerst it,
farnab miet all seim Läd.


Woos gäeht in sou em Menschn für,
wie aar sou liecht vor mir?
Woos denkt aar denn,
woos füehlt aar nu, will aar nu existier?


I kann ner ruhi bei na sitz,
kann streichl, halt sei Hend.
I möcht sou garn a bißla helf,
Troest, Zuversicht na spend.


Hoff, däß na helft die Relichion,
Gott, daar na führt und hält,
dam aar vertraut hat allezeit.
hetz daar allee nu zählt.


I ga ana ganz in Schöpfers Händ,
aar söll hetz bei na blei,
wu alles Annera nix mähr zählt.
Aar söll na gnädi sei.


Hörbeispiel "Schloochaofall"


Schlaganfall

Er liegt vor mir mit Schlaganfall,
der so lebendig war;
kann keinen Mucks mehr, keine Zeichen geben,
ist schon bald achtzig Jahr.


Er, der so viel gelaufen ist,
gewerkelt hat, gern geschafft,
kann sich nicht rühren,
seine fahlen Hände sind nutzlos und erschlafft.


Er mag nichts essen, nicht mal was trinken,
nur noch die Infusion,
gibt ihm (ein) wenig Flüssiges und Kraft,
verlängert die Passion.


Ich frag mich, ob zu ihm noch dringt
die Welte, Ihre Töne und Freude.
Ob er weit weg woanders ist,
fernab mit all seinem Leid.


Was geht in so einem Menschen vor,
wie er so liegt vor mir?
Was denkt er denn, was fühlt er noch,
will er noch existieren?


Ich kann nur ruhig bei ihm sitzen,
kann streicheln, halten seine Hände,
Ich möcht so gern ein bisschen helfen,
Trost, Zuversicht ihm spenden.


Hoffe, dass ihm hilft die Religion,
Gott, der ihn führt und hält,
dem er vertraut hat allzeit,
jetzt der allein noch zählt.


Ich geb ihn ganz in Schöpfers Hand,
er soll jetzt bei ihm bleiben,
wo alles andere nicht mehr zählt,
er soll ihm gnädig sein.


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